Höchstgericht prüft, ob die Wien-Wahl wiederholt werden muss

https://kurier.at/chronik/wien/hoechstgericht-prueft-ob-die-wien-wahl-wiederholt-werden-muss/401132112

Zu dem Artikel - der grundsätzlich durchaus in Ordnung ist (DANKE, Herr Ichner!) - ist einiges zu bemerken:

Das uns als ARTIKEL EINS Wichtige geht, in einem kleinen Satz erwähnt, ziemlich unter - Zitat: „Uns geht es nicht um Amterln im Gemeinderat, sondern um faire Wahlbedingungen“, betont Gerhard Kuchta von der Kleinpartei.

Und dazu muss man wissen, dass die Bundesverfassung und das Verfassungsgerichtshofgesetz hier für den "einfachen Bürger" gar keine andere Möglichkeit vorsieht, als dafür eine Wahlanfechtung einzubringen - und das kann (nach stehender Rechtsprechung des VfGH) erst NACH dem Endergebnis einer Wahl erfolgen!

Wenn also der SÖZ-Obmann Hakan Gördü nichts von einer Wahlwiederholung hält und in der Meldung zitiert meint „Die würde am Ergebnis nichts ändern. Zudem würden wir uns freuen, wenn uns Wahlkampfkosten und -aktivitäten in Corona-Zeiten erspart blieben.“, dann können wir dem ja grundsätzlich beipflichen - aber dazu brauchen wir eben andere Gesetze und andere höchstgerichtliche Entscheidungen! Die einzige Alternative dazu wäre nämlich "Hände falten, Gosch'n halten!"

Dass insbesondere die etablierten Parteien „gelassen“ sind und die Aufregung in Grenzen hält - zumindest in der offiziellen Stellungnahme an den Kurier: No na!

Aber besonders stechen dabei die NEOS heraus. Warum?

Weil das, was sie hier als Gründe "nicht nachvollziehen können" ein Punkt war, den sie selber am 29.4.2020 in ebendiesen Kurier getragen haben: "Wählen in Corona-Zeiten: Kommt Erleichterung für die Kleinen?". Zitat: Die Liberalen werden in der Landtagssitzung am heutigen Mittwoch einen Antrag auf Änderung der Gemeindewahlordnung einbringen, durch die „eine Regelung der Abgabe von unterstützungserklärungen in digitaler Form mittels Handysignatur ermöglicht werden“ soll, wie es in dem dem KURIER vorliegenden Text heißt.

Den weiteren höchst merkwürdigen Verlauf in der Sache können Sie in gepackter Form im Beitrag auf der Homepage von ARTIKEL EINS nachlesen.

Und was hat sich auf einmal dermaßen geändert, dass die NEOS ursprünglich selbst medial vermarktete Initiativen nicht mehr nachvollziehen können?

Oh, stimmt - sie sitzen jetzt ja in der Stadtregierung. Was sich bei einem anderen Wahlergebnis bei einer Wiederholung als Glücksfall in Luft auflösen könnte.

DA zu: Ludwig: „Koalition auf Augenhöhe …“

Zitat: Eine „Koalition auf Augenhöhe“: Das hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im „Wien heute“-Interview versichert, falls es mit NEOS nach den Koalitionsverhandlungen zu einer gemeinsamen Regierung kommt. ... Ludwig stellt klar, dass „nicht alle Anliegen von der jeweiligen Partei zu 100 Prozent durchgesetzt werden können“. Das müsse er „sowohl seinen eigenen Unterstützern als auch denen der NEOS erklären“. ... Es habe sich sehr schnell in den Sondierungsgesprächen gezeigt, „mit welcher Partei es eher möglich sein wird, Übereinstimmungen zu finden“. (Zitat Ende)

Also zugegeben: Der Herr Bürgermeister hat es geschafft, dass der Autor dieser Zeilen eine Wette verliert. Weil nicht damit zu rechnen war, dass sich der Wiener Bürgermeister sogar auf DIESEN innerparteilichen Hasard einlässt. In einer SPÖ, die bezüglich ihrer sozialdemokratischen Wurzeln und ideologischer Sinnstiftung ohnehin schon letal angeschlagen ist.

Da legt eine Koalitionsverhandlung mit der neoliberalen Haselsteiner-Partei noch heftig eines drauf!

Wie? Es hat sich gezeigt, mit welcher Partei es eher möglich sein wird, Übereinstimmungen zu finden? Und das waren die NEOS???

Also wenn DAS wahr ist: Was heißt das denn dann für:

1) ... die bisherige Zusammenarbeit mit den GRÜNEN?
2) ... die dann vielleicht doch Plan B-Variante mit ebendiesen?
3) ... die heutige sozialdemokratische Ausrichtung der SPÖ?
4) ... die NEOS? Reiner Mehrheitsbeschaffer gegen Posten??

Ganz egal, es kann jetzt nur mehr NOCH SCHLIMMER kommen, als es eh schon war!

Nehmen wir nur ein klitzekleines, aber doch massives Thema für viele Betroffene her: Den Gehaltscheck für Mieter im Gemeindebau.

Kommt der jetzt (NEOS) - oder kommt der nicht (SPÖ)?

Und erhöhen sich daraus die Mieten im Gemeindebau in der Folge - oder nicht?

Nur damit wir wissen, wovon wir dabei sprechen: Heute erschien die Pressemitteilung der Statistik Austria, dass die durchschnittlichen Hauptmieten von 2015 bis 2019 stark angezogen haben - nämlich um 12,4 Prozent.

Zum Vergleich: Im Wiener Gemeindebau - nimmt man das Beispiel des sicher nicht sonderlich atypischen Hugo Breitner Hofes her - waren es im selben Zeitraum und nur bei den Hauptmieten 20,1 Prozent!

Für in den letzten zwei Jahren neu vermietete private Hauptmietwohnungen lag - laut Artikel - die Durchschnittsmiete bei 10,5 Euro pro Quadratmeter.

Im Wiener Gemeindebau - nimmt man das Beispiel des sicher nicht sonderlich atypischen Hugo Breitner Hofes her - lag die Bruttomiete im Jahr 2019 pro m2 und Monat ohne Lift bei 9,08 EUR und mit Lift bei 9,54 EUR. Also im Mittelwert um 1,19 EUR unter der DURCHSCHNITTLICHEN Neuvermietung von PRIVATEN Wohnungen!

Und darauf sollen Wohnungssuchende nicht nur jahrelang warten, um dann doch nicht genau die Wohnung zu bekommen, die man eigentlich möchte, sondern auch noch periodisch einen Gehaltscheck legen - und dann zahlt man womöglich noch mehr?

DAS ist der Partner, mit dem sich für die SPÖ (die für DIESE Kostensituation im Gemeindebau verantwortlich zeichnet) die meisten Gemeinsamkeiten ergeben???

Na dann ...

Politische Fairness, in Theorie und Praxis

Da gab es am 29.4.2020 eine Meldung im Kurier: Wählen in Corona-Zeiten: Kommt Erleichterung für die Kleinen?

Und man las hier - Zitat: Jede derzeit nicht im Gemeinderat vertretene Liste muss auf Landesebene 100 Unterschriften in jedem der 18 Wahlkreise sammeln, für die Bezirksvertretungswahlen sind noch einmal 50 Unterschriften pro Bezirk fällig. Macht in Summe 2.950 Unterschriften für einen Antritt auf allen Ebenen, die voraussichtlich im August gesammelt werden müssen ... Erste Listen wie „Links“, die Bierpartei oder die "Migrantenliste" SÖZ (Soziales Österreich der Zukunft) forderten in den vergangenen Wochen bereits die Möglichkeit, die Unterstützungserklärungen digital abgeben zu können, um auch in Zeiten des Corona-bedingten Social Distancing eine Chance zu haben. Unterstützung bekommen sie nun von den Neos: Die Liberalen werden in der Landtagssitzung am heutigen Mittwoch einen Antrag auf Änderung der Gemeindewahlordnung einbringen, durch die „eine Regelung der Abgabe von unterstützungserklärungen in digitaler Form mittels Handysignatur ermöglicht werden“ soll, wie es in dem dem KURIER vorliegenden Text heißt. Es sei „eine Frage der Fairness, kleineren Gruppen und Parteien den Zugang zur Gemeinderatswahl gerade in diesen Zeiten so gering wie möglich zu machen“, begründet Klubobmann Christoph Wiederkehr die Initiative. (Zitat Ende)

Da denkt man sich als Leser so eines Artikels: "Wow, gerade eine kleinere politische Partei setzt sich für andere solche Parteien ein - also eigentlich die direkte Konkurrenz. SUPER!

Das denkt man sich .... bis .... na ja, zu dem Zeitpunkt, wo man als betroffene Partei und passiv Wahlberechtigter für einen Verfassungseinspruch gegen die jetzt noch unfairer gestaltete Wiener Gemeindewahlordnung 1996 recherchiert. Und dabei in den Wiener Landtagsprotokollen nachliest ... dem also vom 29.4.2020. Und was findet man da bezüglich dieses NEOS-Antrags? NICHTS! Kein Sterbenswörtchen!

Aber Moment! Wie hieß es da im weiteren Verlauf des Kurier-Artikels? Zitat: Eine Beschlussfassung in der letzten Landtagssitzung vor der Sommerpause am 25. Juni wäre ausreichend, heißt es aus dem Grünen Rathausklub – und bis dahin könnte auch noch breites Einverständnis hergestellt werden, denn der Wunsch wäre, dass alle Parteien eine solche Reform mittragen. (Zitat Ende)

Also schauen wir in das Wortprotokoll vom 25.6.2020 - dazwischen war ja keine Landtagssitzung, und danach bis zur Sammlung der Unterstützungserklärungen auch keine mehr. Finden wir da etwas zu vorgesehenen Erleichterungen für die zum Sammeln von Unterstützungserklärungen angehaltenen Kleinparteien? Aber NEIN! Auch keinen NEOS-Antrag, DIESBEZÜGLICH! Sehr wohl welche zu den Wahlkampfkosten-Begrenzungen bzw. -Kontrollen bzw. Sanktionen dazu. Aber statt dem im Kurier angekündigten Antrag der NEOS zur Erleichterung für die Kleinparteien haben die Mandatare dieser Partei sogar einer "last minute"-Vorverlegung der für diese Sammlung vorgesehenen Fristen um eine Woche zugestimmt. Was es den Kleinparteien nicht LEICHTER gemacht hat, sondern NOCH SCHWERER!

Wie nennt man so etwas? Fairness? Worttreue? Vertrauenswürdigkeit? 

Oder fallen einem dazu nicht ganz andere Begriffe ein?

Zum Vergleich - aus dem Statut bzw. damit verbundenen Arbeitsübereinkommen von ARTIKEL EINS frei zitierte Passagen:

Zum Erhalt der Glaubwürdigkeit von EINS - und somit auch der in ihr vertretenen Mitglieder - wird von ihren Mandataren und Funktionsträgern im Sinn der repräsentativen Demokratie die bestmögliche Umsetzung des eigenen Programms bzw. sonstiger Wahlversprechen erwartet.

...

Durch das Versprechen, bestmöglich die gegebenen Wahlversprechen zu erfüllen werden die Mandatare von EINS daher stets auf der Suche nach freien Mehrheiten bei den jeweiligen Inhalten gemäß ihren Wahlversprechen sein, statt sich irgendeiner Parteitaktik und Koalitionszwängen zu unterwerfen.

...

EINS tritt für eine entsprechende Fairness auch gegen politische Mitbewerber ein. Die Mitglieder von EINS wollen gewählt und wiedergewählt werden, weil sie die bessere Politik machen, nicht weil anderen der Zugang erschwert wird!

...

Bei Fehlverhalten oder Verstößen gegen dieses Statut bzw. Arbeitsübereinkommen ergreift der Vorstand die vorgesehenen Schritte bzw. leitet diese ein.

...

Die an EINS teilnehmenden Gruppierungen anerkennen durch ihren Beitritt derartige Verstöße in ihren Auswirkungen auch als zivilrechtlich klagbar.

...

Wurde die Öffentliche Hand dadurch geschädigt, Wähler oder Bürger in die Irre geführt oder strafrechtlich bedenkliche Handlungen gesetzt, sind durch EINS jedenfalls alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu ergreifen, gegebenenfalls auch zivilrechtliche Schritte zu erwägen und strafrechtliche Erhebungen einzuleiten.

 

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